Unternehmen zwischen Digitalisierung und echtem Wandel
Wie Christoph Kolumbus das Prinzip der digitalen Transformation erfand
Die digitale Transformation verändert Branchen, Organisationen und Modelle der Zusammenarbeit. Und doch offenbart ein Blick hinter die Kulissen: Unternehmensführungen verschließen oft die Augen vor dem, was auf sie zukommt – eine disruptive Welle, die sich erst dann reiten lässt, wenn neben neuen Geschäftsprozessen und Technologien ein konsequenter Kulturwandel im Unternehmen erfolgt. Und wenn erkannt wird, dass eine Digitalisierung noch lange keine Transformation bedeutet.
Nicht jede Veränderung ist eine Transformation
„Wir haben Geschäftsabläufe digital abgebildet und manuelle Tätigkeiten reduziert.“ So oder ähnlich verlautet es häufig aus Managementetagen, kommt man als Unternehmensberater auf das Thema digitale Transformation zu sprechen. Ein Blick auf die Details offenbart dann allerdings recht schnell: Es ging um die Einsparung von Papier, darum, repetitive Arbeitsschritte zu vermeiden oder bestenfalls darum, einen Auftragsprozess von der Bestellung bis zur Bezahlung und Verbuchung zu digitalisieren, nicht aber um eine echte digitale Transformation zugunsten der Wertschöpfung.
Digitalisierung oder digitale Transformation?
In so manchen Projekten stellt indes schon die Begriffsdefinition eine Herausforderung dar. Digitalisierung und digitale Transformation werden oft gleichbedeutend verwendet, beschreiben allerdings zwei völlig unterschiedliche Ansätze. Anders als bei der Digitalisierung bestehender Abläufe handelt es sich bei der digitalen Transformation um eine Veränderung, die neben der Einführung innovativer Technologien und der Prozessoptimierung vor allem auch die Menschen und damit die Kultur des Unternehmens umfasst. Mit anderen Worten: Während sich die Digitalisierung mit der Frage beschäftigt, wie etablierte Prozesse automatisiert und effizienter gestaltet werden können, stellt die digitale Transformation die Abläufe an sich und sogar das Geschäftsmodell mitsamt Produkten und Dienstleistungen infrage.
Der Grund für die Erkenntnis, dass etwas passieren muss, ist hingegen oft derselbe: wirtschaftlicher Druck. In einer VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) stoßen Organisationen an die Grenzen ihres Wachstums. „Digitalisierte“ Kunden mit neuen, individuellen Anforderungen, Wünschen und Vorstellungen stellen die Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen schlagartig auf den Prüfstand. Gleichzeitig nehmen Geschwindigkeit und Dynamik dieser Veränderungen immer weiter zu. Damit wird die erfolgreiche Gestaltung der digitalen Transformation zu einer der wichtigsten Führungsaufgaben. Neue Digitaltechnologien rund um das Internet of Things (IoT), die Künstliche Intelligenz (KI) oder die Mensch-Maschine- beziehungsweise Maschine-zu-Maschine-Kommunikation und Big Data wirken dabei als Treiber für die Umsetzung.
Alte Bäume versetzt man (eben doch)
In der Praxis zeigt sich allerdings immer wieder: Die digitale Transformation erfordert zunächst den Mut, bereit zu sein, bisher erfolgreiche Geschäftsmodelle über Bord zu werfen und den Status Quo des Kerngeschäfts und der Wertschöpfungsprozesse zu hinterfragen. Aber genau darum geht es. Produkte, Abläufe und Dienstleistungen, die jahre- oder jahrzehntelang für hohe Umsätze und auskömmliche Margen sorgten, müssen auf den Prüfstand. Die neue Grundhaltung führt schließlich dazu, dass nicht mehr nur Technologien und Prozesse im Mittelpunkt stehen, sondern ein begleitendes Change Management für die gesamte Belegschaft bis in die höchste Führungsebene etabliert wird.
Erst wenn dieses Bewusstsein im Unternehmen verankert ist, kann es an die Umsetzung gehen. Um diese Etappe erreichen zu können, setzen Consulting-Experten spezielle Trainings ein, die die Notwendigkeit für kulturelle Veränderungen in den Köpfen aller Belegschaftsmitglieder verankert. Ziel ist es also, neben den drei Dimensionen einer Transformation – Business, Operations und Technologien – alte Zöpfe abzuschneiden und das Mindset der Menschen zu verändern. Und das beginnt in der Regel mit der Kultur der Unternehmensführung, dem Leadership.
Neues wagen wie einst Christoph Kolumbus
Doch anders als in den weiteren Bereichen der Transformation, gilt es im Zusammenhang mit einer neuen Geschäftskultur, auch neue und zum Teil unorthodoxe Wege einzuschlagen. Hier können Consultants den Hebel ansetzen, um das Momentum für einen wirklichen Wandel im Unternehmen zu wecken. Ob es um das Sortieren von Lego-Bausteinen geht, um Bastelarbeiten oder Wurfspiele – mit neuen Methoden der „Selbstfindung“ entstehen neue Denkmuster für vormals PowerPoint-zentrierte Vorgehensweisen und damit eine Can-do-Mentalität in der gesamten Organisation. Schließlich war schon Christoph Kolumbus vor über 500 Jahren mit dem grundsätzlichen Prinzip der heutigen digitalen Transformation erfolgreich unterwegs: Nur wer den Mut aufbringt, etwas Neues zu wagen, hat die Chance, den Horizont zu erweitern und von neuen Möglichkeiten zu profitieren. Wenn es gut ausgeht, lockt Heldenruhm, wenn nicht, folgt ein neuer Aufbruch.
Was die digitale Transformation wirklich ausmacht
Fest steht: Bei der digitalen Transformation handelt es sich um einen strukturellen und systemischen Veränderungsprozess. Ausgehend vom IST-Zustand werden Organisation und das Geschäftsmodell verändert und Prozesse und Abläufe neu definiert, um auch in digitalen Märkten wettbewerbsfähig zu sein. Damit ist die digitale Transformation exakt das, was der Begriff aussagt: Die Veränderung von kritischen Erfolgsfaktoren, der Aufbau einer neuen Wertschöpfungskette und die Neuordnung der zugrundeliegenden Struktur – disruptiv also.